Malariaprophylaxe - was muss man beachten?

Anopheles sp.

public domain

(Artikel erschienen in der Zeitschrift "Arzt + Patient", Juli 2014)

 

 

Malaria ist eine wichtige Tropenerkrankung bei Reisenden. Jährlich werden in Österreich zwischen 50 und 100 Fälle dieser Erkrankung gemeldet. Inklusive den nicht gemeldeten Fällen und den Erkrankungen im Ausland ist mit ca. 100-200 Malariafällen von Österreichern jährlich zu rechnen. Jedes Jahr endet für ein bis zwei Patienten diese Erkrankung tödlich.

Bis vor wenigen Jahren war die Malaria die häufigste spezifische Tropenerkrankung in Österreich. Inzwischen hat jedoch das Denguefieber den vordersten Platz in dieser Statistik eingenommen.

Auch die Verteilung der Malariafälle hat sich in den letzten Jahren signifikant geändert. Die Ansteckung erfolgt deutlich seltener in Amerika und Asien, dafür nach wie vor oft in den Ländern des tropischen Afrikas.  Der prozentuelle Anteil von in Österreich lebenden Afrikaner an den Erkrankten hat deutlich zugenommen.

 

Grundlage einer Verhinderung einer Malariaerkrankung sind Mosquitoschutzmaßnahmen:

- Sich möglichst wenig nach dem Sonnenuntergang („from dusk till dawn“) im Freien aufhalten.

Langärmlige Kleidung (mit Permethrin imprägniert).

- Verwendung von Repellentien (Inhaltsstoff: DEET 30-50% oder Icaridin).

- Verwendung von Mosquitonetzen (mit Permethrin imprägniert).

- In geschlossenen und klimatisierten Räumen schlafen.

 

Da es trotz intensiver Bemühungen bis auf Weiteres keine Malariaimpfung zur Verfügung stehen wird, bleibt neben einem Schutz vor Mosquitostichen nur eine medikamentöse Protektion übrig.

 

Prinzipiell gibt es zwei Strategien wie diese Malariamedikamente eingesetzt werden können:

Durchgehende Malariaprophylaxe: hierbei werden geeignete Medikamente kurz vor, während und nach einer möglichen Exposition in regelmäßigen Abständen eingenommen.

„stand-by“ Therapie: es werden Notfallmedikamente auf die Reise mitgenommen und nur bei Bedarf eingenommen.

Die Entscheidung welche Strategie für eine Reise gewählt werden soll ist oft nicht leicht. Ein Beratungsgespräch mit einem Tropenmediziner beziehungsweise mit einem erfahrenen Reisemediziner sollte geführt werden.

 

Viele Faktoren müssen bei der Entscheidung berücksichtigt werden:

- Reiseroute

- Jahreszeit

- Reisestil

- Reisedauer

- Grunderkrankungen und Alter des Reisenden

- Co-Medikationen

- Frühere Erfahrungen mit Malariamedikamenten

- Sicherheitsbedürfnis

- und nicht zuletzt auch die finanziellen Möglichkeiten

 

Eine durchgehende Malariaprophylaxe ist für alle Destinationen empfohlen, die in einem Hochrisikogebiet liegen und/oder wenn keine adäquate Therapie einer Malariaerkrankung Vorort möglich ist.  Beispielsweise ist für Reisen nach Ostafrika (Kenia, Uganda oder Tansania) eine durchgehende Malariaprophylaxe indiziert.

In Ländern mit geringerem Malariarisiko und besserer medizinischen Behandlungsmöglichkeiten (zb. Thailand, westliche Inseln Indonesiens, Indien, Lateinamerika) ist auch die Strategie der Notfallmedikation akzeptabel.

 

Folgende Medikamente kommen für eine durchgehende Malariaprophylaxe in Frage:

Malarone bzw. Atovaquon/Proguanil Genericon, Lariam, Doxycyclin und Resochin

Für eine stand-by Therapie kommen folgende Medikamente in Frage:

MalaroneLariamRiamet und Resochin

 

Malarone (Atovaquon/Proguanil):

Die Effektivität dieses Medikamentes ist ähnlich hoch wie von Lariam. Zu beachten ist aber, dass Hypnozoiten („schlafende“ Leberformen der Malaria tertiana) nicht abgetötet werden, daher kann es zu einem Relaps dieser nicht so gefährlichen Malariaart kommen. Daher ist Malarone in erster Linie in Gebieten mit hoher Malaria tropica Durchseuchung (tropisches Afrika) ideal.

Dieses Medikament wird üblicherweise sehr gut vertragen, Nebenwirkungen sind selten. Die häufigste Nebenwirkung ist eine gastrointestinale Unverträglichkeit, die sich durch Übelkeit und Durchfall manifestieren kann. Gelegentlich wird auch von Kopfschmerzen und Schlaflosigkeit berichtet. 

Die Resorption wird durch gleichzeitige Einnahme von Fett erhöht, daher sollte nicht vergessen werden dem Reisenden die Einnahme zu den Mahlzeiten zu empfehlen.

Einnahmeschema: 

Als Prophylaxe wird täglich eine Tablette eingenommen. 1-2 Tage vor der Abreise sollte begonnen werden und die Einnahme für eine Woche nach dem Verlassen des Malariagebietes weitergeführt werden.

Wenn Malarone als Notfallmedikation mitgeführt wird sollen im Anlassfall 4 Tabletten als Einzeldosis eingenommen werden, am nächsten und übernächsten Tag ebenfalls je 4 Tabletten eingenommen werden. Da die Packung 12 Tabletten enthält braucht man für eine Notfallseinnahme genau eine Packung dieses Medikaments.

Für Kinder ab 10 Kilogramm Körpergewicht sind entsprechende gewichtsadaptierte Schemata vorhanden. Zeitweise lieferbar ist das Malarone junior welche ein viertel der normalen Dosierung enthält.

Bis vor Kurzem war Malarone nur für maximal 28 Tage zugelassen, dieses Zeitlimit wurde jedoch nach Vorlage von Langzeitstudien aufgehoben.

 

 

Lariam (Mefloquin):

Dieses Medikament war über viele Jahrzehnte das Standardmedikament bei Reisen in Gebiete mit Chloroquinresistenz (Afrika und Asien). In grossen Studien zeigt sich eine Protektion von knapp 95% gegenüber einer Infektion, beziehungsweise der Manifestation einer Malaria. Genau so wie Malarone kann Lariam keine Hypnozoiten einer Malaria tertiana eliminieren, weshalb es zu einem Relaps kommen kann.

Bereits seit längerem bekannt sind Resistenzen gegen Lariam in der Thailändisch-Kambodschanischen Grenzregion.

In den letzten Jahren ist die Verwendung von Lariam zunehmend zurückgegangen. Grund sind viele Berichte und Studien zu neuropsychiatrischen Nebenwirkungen dieses Medikamentes. Häufig werden milde Symptome wie Benommenheit, Schlafstörungen, erhöhter Traumdruck und Kopfschmerzen berichtet. In ca. 5% kommt es jedoch zu stärkeren Nebenwirkungen wie Panikattacken, Depressionen, psychotischen Schüben, die zum Abbruch der Malariaprophylaxe führen. Daher ist für Reisenden mit psychiatrischen Vorerkrankungen die Einnahme von Lariam kontraindiziert. Ebenfalls limitierend sind die kardialen Nebenwirkungen wie Bradycardie und QT-Verlängerung. Eine ausführliche Anamnese ist daher wichtig.

Da die psychiatrischen Nebenwirkungen oft schon nach wenigen Wochen auftreten, empfehlen manche einen frühzeitigen Start der Prophylaxe, um die Verträglichkeit noch vor der Abreise zu testen.

Wegen der langen Halbwertszeit reicht eine einmal pro Woche Dosierung aus. Meist beginnt man 2-3 Wochen vor Antritt der Reise und führt nach der Rückkehr die Therapie 4 Wochen weiter. Vorteil von Lariam ist auch, dass für längere Reisen die Gesamtkosten moderat ausfallen.

Aus unserer Sicht sollte man wenn möglich die Anwendung von Lariam meiden. Wir in der Tropenordination verschreiben dieses Medikament eigentlich nur mehr Reisenden die in der Vergangenheit schon Lariam eingenommen haben und gute Erfahrungen gemacht haben.

 

 

Resochin (Chloroquin):

Dieses Medikament wird wegen den weltweiten Resistenzen nur mehr selten angewendet. Sowohl in Afrika als auch in Asien sind die meisten Plasmodium falciparum Stämme gegen dieses Medikament resistent. Anwendung findet Resochin nur mehr als Prophylaxe oder stand by Therapie in Amerika und zur Therapie einer Malaria tertiana auch von anderen Kontinenten.

Resochin hat wenig Nebenwirkungen, meist beschränken sie sich auf Magen-Darm Unverträglichkeiten, Juckreiz (bei Afrikanern). Schwindel und Kopfschmerz kommen gelegentlich vor. Die oft beschriebene Retinopathie kommt in Dosierungen die für die Malaria verwendet werden nur sehr selten vor.

Wegen der langen Halbwertszeit wird bei der Prophylaxe eine einmal pro Woche Dosierung gegeben. Man beginnt eine Woche vor Abreise und führt die Prophylaxe 4 Wochen nach Rückkehr weiter.

 

 

Doxycyclin:

Dieses alte Antibiotikum hat eine hervorragende Wirkung gegen Plasmodien. Es handelt sich jedoch um eine off-label Indikation, was dem Reisenden aus juristischen Gründen kommuniziert werden muss.

Das Nebenwirkungsprofil ist günstig, neben Magen-Darm Unverträglichkeiten und einer Neigung zu vaginalen Pilzinfektionen ist in erster Linie die Phototoxizität relevant. Diese tritt jedoch selten auf und verläuft meist klinisch benigne, jedoch muss das Medikament trotzdem abgesetzt werden. Der Reisende muss über diese Nebenwirkung aufgeklärt werden und ihm auch ein Alternative offeriert werden.

Die übliche Dosierung beträgt 100mg einmal täglich. Beginn ist einen Tag vor der Einreise ins Malariagebiet und sollte 4 Wochen nach der Rückkehr fortgesetzt werden. Leider ist bei dieser "Nachbehandlung" die Compliance der Urlauber gering, oft wird das Medikament frühzeitig abgesetzt.

Für Kinder unter 8 Jahren ist Doxycyclin nicht geeignet.

 

 

Riamet (Artemether/Lumefantrin):

Wegen der sehr kurzen Halbwertszeit eignet sich dieses Medikament nicht als Prophylaxe sondern nur als Therapie. In der Therapie der Malaria tropica ist dieses Medikament Malarone und auch Lariam wegen der rascheren Plasmodieneliminierung überlegen. So gesehen ist es das ideale Malariamittel für eine stand-by Therapie. Jedoch ist das Einnahmeschema kompliziert, sodass es eventuell von einem hochfiebernden Malariapatienten falsch eingenommen werden könnte.

Wichtig ist die Einnahme zu einer Speise, weil dadurch deutlich höhere Wirkspiegel erreicht werden können.

Nebenwirkungen sind gering und nur schwer von den Symptomen der Malaria zu unterscheiden: GI-Probleme, Myalgien, Schwindel, Palpitationen. Auch Fälle von Anämie wurden als Spätkomplikation berichtet.

 

 

 

Spezielle Situationen:

 

Schwangerschaft:

Generell sollten Schwangere keine Fernreisen unternehmen und schon gar nicht in ein Malariagebiet reisen. Bei Schwangeren führt eine Malariainfektion zu schweren Krankheitsverläufen und zu einer möglichen Schädigung des Kindes (Abortus).

Eine Dokumentation des Arztes über das Beratungsgespräch ist aus forensischen Gründen wichtig.

Sollte trotzdem eine Reise in ein Malariagebiet unternommen werden können Lariam und Chloroquin gegeben werden. Doxycyclin ist kontraindiziert, für Malarone und Riamet gibt es nicht genügend Daten.

 

Kinder: 

Da bei Kindern eine Malaria rascher einen gefährlichen Verlauf nehmen kann sollte die Indikation für eine durchgehende Malariaprophylaxe grosszügig gestellt werden. Doxycyclin kann erst ab dem 8. Lebensjahr gegeben werden.

 

Co-Medikationen und Interaktionen:

Da viele entlegene Gebiete inzwischen leichter bereisbar geworden sind, reisen immer ältere Touristen in Hochrisikogebiete. Daher sind die Interaktionen der Malariamedikamente mit der Dauermedikation des Reisenden zu berücksichtigen.

Marcoumar: Malarone verstärkt die Wirkung von Marcoumar.

Antiarrhythmika: Speziell Vorsicht bei Lariam, da bradycarde Rhythmusstörungen gehäuft beobachtet wurden. Auch QT-Verlängerung möglich.

HIV-Medikamente: Unterschiedliche Interaktionen sind beschrieben worden. Den geringsten Störeinfluß hat Doxycyclin.

Immunsuppressive Medikamente: Die Spiegel von Cyclosporin und Tacrolimus können durch Malariamedikamente erniedrigt werden. Malarone hat diesbezüglich die wenigsten Interaktionen.

 

 

Immunsupprimierte und chronisch Kranke:

Neben Kindern sind auch ältere Personen gefährdet einen fulminanten Verlauf zu haben, daher sollte man bei der Verschreibung von Malariamedikamenten in diesen Altersklassen grosszügig sein. Beschrieben sind schwere Verläufe bei immunsupprimierten Patienten, wie unter Biologika stehende Rheumapatienten. Daher sollte in diesem Patientenkollektiv mit der Indikationsstellung für eine durchgehende Malariaprophylaxe weit gestellt werden.